Heute eröffne ich eine neue Unterkategorie. Die kleine theologische Fragestunde. In den Jahren, in denen ich nun schon auf Twitter und Facebook unterwegs bin habe ich gemerkt: Hier nehmen mich Leute wahr, die selten oder nie einen Gottedienst besuchen. Die aber gleichwohl Fragen haben: Was genau passiert bei einer Taufe? Soll ich mein Kind konfirmieren lassen, obwohl mein Mann katholisch ist und ich selber ausgetreten? Warum bin ich eigentlich noch in der Kirche? Irgendwie interessiere ich mich schon für Religion, aber was soll das mit diesem Jesus? Etc., etc.
Für solche und andere Fragen soll ab sofort hier Platz sein. Ich beantworte sie nicht allgemein und für alle gültig, sondern ich schreibe meine Meinung dazu (die allerdings meistens ziemlich fundiert ist, außer, ich habe mich selber noch nie damit befasst). Ich würde mich hier über rege Diskussionen freuen. Für den Anfang lasst uns einfach mal eine Stoffsammlung machen. Schreibt Kommentare, was euch interessieren würde. Bin gespannt. Zweifel willkommen.
Ich mache mal den Anfang mit der umgekehrten Gretchenfrage:
Wie hältst Du es mit der Naturwissenschaft?
Kann Theologie gut gesicherte naturwissenschaftliche Erkenntnisse ignorieren? Galten vor 2000 Jahren andere Naturgesetze als heute? Was ist von Wundern wie
Jungfrauengeburt, Verwandlung von Wasser in Wein, Heilung eines von Geburt an Blinden, Auferweckung des bereits in Verwesung befindlichen Lazarus zu halten?
Muss sich die Kirche hier nicht mal entscheiden, ob sie so etwas für möglich halten will oder nicht?
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Super, danke für die Frage. Ich schreib demnåchst einen extra Artikel dazu! Übrigens meine Lieblingsfrage.
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Wie ist eigentlich die Position reformatorischer Theologie zur Prädestinationslehre? Gibt es echten Zufall und Willensfreiheit oder nicht? Calvin war meines Wissens Verfechter der Prädestination, Luther im Prinzip auch, hat das aber nicht so exponiert vertreten. Wie sieht man das heute?
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Das ist eine echt schwierige Frage. Bei Calvin ist es klar, doppelte Prädestination, d.h., es steht bei Gott von vornherein fest, ob jemand verdammt wird oder ob er erlöst wird. Referenzstelle hierfür ist vor allem Römer 9.14ff. Besonders das Gleichnis mit den „Gefäßen des Zorns“. Luther hat auch Prädestination und wenn man ihn logisch weiter denken würde, wäre es auch eine doppelte Prädestination, weil es ohne Glauben keine Erlösung gibt, der Glaube aber allein durch den Hl. Geist gewirkt wird. Die Reformatoren interessieren sich für die Frage aber hauptsächlich im Hinblick auf Erlösung und Verdammung, nicht im Hinblick auf Dinge des Alltags wie z.B. Berufswahl oder Wahl des Ehepartners.
Wie man das heute sieht? Ich glaube, die Frage ist nicht mehr im Fokus der Theologie und verbindliche Lehrmeinungen gibt es bei Protestanten ja sowieso nicht. Meine persönliche Meinung ist, dass diese ganze Sache sehr, sehr paradox ist. Ich würde aber sagen, dass der freie Wille zur Gottebenbildlichkeit gehört. Der Mensch ist das einzige Wesen in der uns bekannten Schöpfung, das z.B. bewusst sündigen kann. Ich bin der Ansicht, dass die Prädestinationslehre zur Zeit der Reformation vor allem deshalb so wichtig war, weil so viele der Ansicht waren, sich die Gunst Gottes im wahrsten Sinne erkaufen zu können. Da ist es dann schon sehr wichtig zu betonen, dass die ewige Seligkeit oder die Liebe Gottes ein reines Geschenk sind und man eben nichts dazu beitragen kann, von Gott angenommen zu werden. Die doppelte Prädestination finde ich zwar menschlich logisch, aber nur vor dem Hintergrund, dass es überhaupt so etwas wie eine ewige Verdammnis gibt. Wenn ich die annehme, dann muss ich ja irgendwie argumentieren, warum manche Menschen verdammt werden. Ich persönlich glaube nicht daran, dass es so ist.
Im Bereich des Alltags und des ganz normalen menschlichen Lebens hat die Prädestinationslehre meiner Meinung nach weder vor dem reformatorischem Hintergrund noch sonstwie etwas verloren. War jetzt etwas aus dem Bauch heraus geantwortet.
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Wird die Prädestination denn innerhalb reformierten Seite noch geschlossen vertreten? Und was ist mit Zufall und Willensfreiheit generell? Wenn es echten Zufall gibt, sind z. B. längerfristige Prophezeihungen von Detailereignissen praktisch ausgeschlossen. Wenn es keinen echten Zufall gibt, gilt wieder so etwas wie Prädestination.
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