Gott und meiner Berufung treu bleiben….

Gestern erhielt ich eine Mail, die mich ziemlich irritiert hat. Ein Mensch, von dem ich dachte, dass er mich gut kennt und den ich auch sehr schätze, schrieb mir sinngemäß, er mache sich Sorgen, dass ich auf den Zug einer „Theologie light“ aufspringe. Und er wünsche mir, „dass ich mir selbst und Gott treu bleibe“.
Aha.
Ich muss sagen, das hat echt gesessen. Es gibt nicht viele Menschen, die sich überhaupt solche Gedanken machen und ich vermute, dass seine Sorge um mich echt ist. Aber es war schon sehr…direkt?
Wer mich kennt, der weiß, dass ich in mir eine sehr große Spannweite an Emotionen trage, die nicht immer nach außen sichtbar sind. Das bringt es mit sich, dass manche Menschen erstaunt sind, dass ich an einem Tag einen sehr tiefsinnigen Artikel schreiben (oder eine sehr tiefsinnige Predigt halten) kann, und am nächsten Tag hemmungslos herumblödele, ob nun bei der Tatort-Besprechung auf Twitter, oder live und in echt mit Freunden und Bekannten.
Konkret ging es um mein Buch, „Sonntagsarbeit“. Im Grunde kommen darin genau diese beiden Seiten zum Vorschein. Es hat sehr alberne Passagen, aber auch ziemlich ernste. Bin ich mir denn untreu, nur weil ich nicht immer ernst und tief herumgründele?
Oder werde ich Gott untreu, weil ich mich entschieden habe, zumindest vorerst aus einem Beruf auszusteigen, der mir nur sehr bedingt entspricht? Ist seiner Berufung nur treu, wer sich über Jahrzehnte verbiegt und irgendwann in der Psychiatrie landet?
Ist sich selbst nur treu, wer sich nicht verändert?
Ich habe ihm geantwortet, dass ich, nach meinem Dafürhalten, Gott und mir selbst im Moment treuer bin als in den letzten zwölf Jahren, weil ich gerade die Spannung aushalten muss, meinen Platz neu zu suchen und für meine Berufung einen neuen Raum zu finden, ohne zu wissen, wohin mich dieser Weg führt.
Es ist eine existentielle Ungewissheit. Auch wenn ich mich selber dafür entschieden habe. Auch wenn ich weiterhin verbeamtet und damit, wenn alle Stricke reißen, materiell abgesichert bin und es vielleicht irgendwann in den Pfarrerberuf zurück geht.
Momentan fühle ich mich ein wenig wie Elia in der Wüste. Er sitzt unter seinem Wachholderbaum, er weiß nicht wohin es geht, aber ein Engel kommt vorbei und bringt ihm Brot und Wasser. Das geht so lange, bis der Engel sagt: „Steh auf, du hast einen weiten Weg vor dir!“ Aber auch danach kehrt Elia erst einmal nicht ins Leben oder zu konkreten Aufgaben zurück, sondern er geht noch tiefer in die Wüste und macht dort eine Gotteserfahrung. Dann erst geht es zurück, nach draußen, zu den Leuten, zu einer neuen Aufgabe.
Ist das jetzt tiefsinnig genug?
Darf ich jetzt wieder albern sein?
Sehr schön. Dann sehen wir uns heute Abend beim Tatort.

PS: Ein ehemaliges Gemeindeglied hat mir zum Abschied eine ganz schöne selbst gemalte Ikone von einem Engel geschenkt, der einen Fingerzeig in die richtige Richtung gibt. Daran musste ich eben bei dem Engel in der Wüste denken.

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