Reich gesegnetes Wochenende

Dieses Wochenende, eigentlich seit Freitagabend, hatte es echt in sich und ich fühle mich reich gesegnet. Los ging es am Freitagabend mit dem Chor-Sommerfest. Super war es. Ham wir jelacht!
Aber dann begann das eigentlich Wunderbare. „Unsere“ katholische Gemeinde in Coburg, St. Augustin, bietet an diesem Wochenende einen Bibelmarathon an. Rund um die Uhr wird aus der Bibel gelesen, das Neue Testament komplett, das Alte Testament in Auszügen, jeweils in Blöcken von 15 Minuten. Dafür konnte man sich eintragen und dann eben die Passage lesen, bei der einem der vorige Leser die Staffel übergibt.
Als ich Freitagnacht gegen 23.30 Uhr (nach dem Chorfest) das erste mal rein schaute, war man gerade bei den letzten Kapiteln des Buches Genesis/1. Mose. Ich hörte mir die Geschichte von der Versöhnung Josefs mit seinen Brüdern an. Machte die kleine Andacht zum Abschluss des Buches Genesis mit und lauschte dem Buch Exodus/2.Mose bis zum Zug durch das Schilfmeer, bevor ich mich doch etwas ermattet auf den Heimweg machte.
Samstag Vormittag ging ich einkaufen – und schaute wieder rein. Nun las man Jesaja. Ich hörte etwa eine Stunde lang zu, bis zum Beginn des Deuterojesaja, um meinen Taufspruch zu hören. Und ging heim.
Bis zu meiner eigenen Lesung. Die begann heute früh um drei Uhr. In der Meinung, Bibel schadet nie, machte ich mich gegen halb ein Uhr schon auf den Weg. Lauschte eine Stunde lang dem Lukasevangelium. Und merkte dann: Nee, ich muss bevor ich selber lese, einfach noch mal aufs heimische Sofa, einen Tee trinken.
Müde war ich erst mal überhaupt nicht.
Aber die Papphocker! Liebe Leute, die Papphocker!
Papphocker
Wer schon mal auf einem Kirchentag war, kennt die Dinger. Diese ungemein praktischen zusammenfaltbaren Sitzmöbel aus harter Umzugskartonpappe. Die sind sehr stabil. Und genauso bequem wie sie aussehen. Wenn man da länger als eine Stunde drauf sitzt, wünscht man sich irgendwann katholisch zu sein. Dann kann man sich die Kreuzschmerzen auf´s Fegefeuer anrechnen lassen. Also, noch mal heim und eine Stunde abwechselnd Sofa und Recken und Strecken.
Gegen viertel vor drei Uhr habe ich mich dann wieder auf den Weg gemacht.
Schon allein das war ein Erlebnis. Coburg nachts um drei. Wunderschön, irgendwie gespenstisch, etwas ganz Eigenes.
Dann zwischen drei und vier Uhr habe, abwechselnd mit einer katholischen Mitarbeiterin, „meine“ Zeiten gelesen. Und wie der Zufall oder die Vorsehung es wollten, begann ich bei den Abschiedsreden Jesu im Johannesevangelium und endete mit dem Osterbericht nach Johannes. Ich war wirklich ergriffen und dankbar, denn diese Texte bedeuten mir sehr viel. Da steckt eigentlich alles drinnen, was man wissen muss. Und in mir auf einmal Gewissheit: Ich glaube. Ich glaube nicht, weil ich (noch) Pfarrerin bin und Jahre lang im schwarzen Talar irgendwelche klugen Dinge verkündigt habe. Sondern ich glaube, weil ER mich ergriffen hat und mich berufen hat. Mit einer Berufung, die viel weiter ist, als irgendein kirchliches Amtsverständnis. Innere Freiheit: Ich kann diese Berufung im kirchlichen Dienst leben. Oder woanders. Es ist letztlich nicht entscheidend.
Gegen viertel nach vier machte ich mich müde aber glücklich auf den Heimweg. Besuchte dann um halb elf die Messe. Die Bibelleser waren gerade beim 2. Thessalonicherbrief, als ich vorhin ein letztes Mal den Kopf zur Tür hereinsteckte.
Für mich ist dieser Bibelmarathon auch ein Sinnbild für Kirche an sich. Das Wort Gottes wirkt aus sich selbst, es braucht aber Menschen, die es unter das Volk bringen. Keiner muss immer im Dienst sein, es reicht, sich die Stafette weiterzugeben. Nachts um drei hörten nur wenige zu, macht aber nichts, das Evangelium bewegt trotzdem, und wenn es auch nur in diesem Fall nur drei oder vier Leute waren, die es hörten.
Ich wünschte, die Bibel wäre drei mal so dick und wir würden noch eine Woche lesen.
Aber vielleicht ist es auch gut, dass es jetzt zu Ende ist. Weil man ja auch nicht ewig auf dem Berg Tabor bleiben kann.
Ein paar Impressionen….
Bibelmarathon4
Bibelmarathon1
Bibelmarathon2
Bibelmarathon3

2 Kommentare zu „Reich gesegnetes Wochenende

  1. Auf dem Kirchentag 1993 oder 94 gab RS sogar Papphocker/innen. Ob die -innen bequemer waren, kann ich nicht sagen; ich boykottiere Massenveranstaltungen.

    Ich glaube auch nicht, weil ich Pastor bin. Umgekehrt schon eher. Manchmal aber glaube ich auch, obwohl ich Pastor bin.

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