Vertrauen

Im Grunde ist das, was ich grade am eigenen Leib erlebe, ein Wunder. Ein Lebensentwurf -evangelische Pfarrerin, das ist mehr als ein Beruf – ist komplett zerbröselt. Getragen hat das schon länger nicht mehr. Nun bin ich meinen Titel los. Ich bin aus der Kirche ausgetreten. Ich werde den schwarzen Talar mit dem Samtsattel und dem Beffchen nie mehr tragen.
Abschweifung: Braucht jemand zwei bayerische evangelische Talare, tragbar für etwas kräftigere Personen um die 1,75 Körperlänge? Beide gut in Schuss? Billig abzugeben!
Und zugleich, obwohl eigentlich alles unklar ist, fühle ich mich so unglaublich getragen. Alte Freunde. Neue Menschen. Gott.
Einfinden in eine neue Gemeinschaft.
Alle wollen wissen, wie es jetzt beruflich weitergeht.
Ich habe nicht die geringste Ahnung.
Und fühle mich trotzdem zum ersten Mal seit Jahren wirklich lebendig.

7 Kommentare zu „Vertrauen

  1. Wenn der Austritt aus der Kirche als Befreiung erfahren wird, ist das zuerst mal sehr traurig. Aber bei dir ist es anders: du wechselst die Gemeinschaft, aber verläßt nicht die Kirche Jesu Christi. Und… Deutsches Landeskirchen-tum könnte ich wohl auch nicht mehr aushalten…

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    1. Ich merke zurzeit, dass es allen (ehemaligen) Kollegen, die ich wirklich mag und mit denen ich eng befreundet bin, ganz ähnlich geht. Nicht nur meinem Freund und Seelenbruder Tilmann H., sondern etlichen. Um sich als Pfarrerin in der real existierenden ev. Landeskirche in Bayern (ich kenne nur Bayern) wohl zu fühlen und gerne darin zu arbeiten, auch über viele Jahre, braucht es offenbar eine ganz bestimmte innere Fähigkeit, die ich nicht habe, die aber irgendwie auch keiner hat, mit dem ich wirklich enger befreundet bin. (Mit Bekannten ist das was anderes.)

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      1. Die bayrische Landeskirche scheint mir da auch besonders hart zu sein… Aber das Problem liegt tiefer. In allem, was das Präfix „Amts-“ so ausmacht. Staat im Staate. Ein Selbstverständnis aus Kaisers Zeiten – dem heilig-römischen, wohlgemerkt. Aber bitte in der Ökonomie des 21. Jahrhunderts…
        Vielleicht würde sich was ändern, wenn wie hier der oberste Kirchenpräsident das gleiche Gehalt bekäme wie alle Landpfarrer… Weg mit hochbezahlten Kirchenräten in Ledersesseln. Denn die Besoldung drückt ja aus, welchen Wert man der Funktion und damit auch dem Funktionär zuweist… Und da steht der Pfarrer über dem Mesner und dem Organisten, aber weit unter dem Amtswesen des Kirchenamtes, das bei weitem keine 54 Stunden in der Woche arbeitet.

        Meine Kirche hat viele Fehler. Aber daß bei rund 500 Pastoren landesweit nur etwa 25 Vollzeit-Äquivalente an Verwaltungspersonal existieren, und noch weniger Funktionspfarrstellen (11Synodalpräsidenten, ein Generalsekretär, ein Vorsitzender der Ämterkommission, ein Justiziar, wobei ich allerdings Sonderaufträge wie Mission, Jugendpfarrer und „Biblisten“ nicht zu den Funktionären rechne).
        Gleichzeitig ist es gut, Pastor der Landeskirche in einer Gemeinde zu sein und nicht vom örtlichen Wohlwollen abzuhängen…

        Ich brechen mal ab. Ich geh gleich 5% meiner Gemeindekartei beerdigen.

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    1. Hallo. Wie es weitergeht? Zunächst mal freiberuflich, als freie Theologin. Der Einstieg war etwas zäh, aber ich bin jetzt soweit, dass ich jeden Monat doch etliche Hunderter mit freien Beerdigungen oder Trauungen verdiene, wenn es gut läuft auch mal einen Tausender. Dazu mache ich, als zweites Standbein, grade eine Ausbildung in Demenzbetreuung, das ist ein Berufsfeld, für das sicher bleibender Bedarf besteht. Es bleibt natürlich spannend. Aber da ich außerdem ab Mai bei meinem Partner wohne (was viel Geld spart), bin ich recht zuversichtlich. Am liebsten wäre mir ein Zweidrittel-Eindrittel. Zwei Drittel meines Unterhalts durch freie Trauerfeiern, Trauungen, Taufen. Das dritte Drittel durch Demenzbetreuung. Aber wenn die Schiene freie Theologin sich weiterhin gut entwickelt und es zum Leben reicht, wäre es auch okay.

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