Singen

Heute hatten wir – Coburger Bachchor – Konzert: Monteverdi, Marienvesper. Ich bin erschöpft und sehr zufrieden. Geprobt haben wir seit Mai. Nun der krönende Abschluss. Ein gelungenes Konzert, ein wunderbares Ensemble und anhaltender stehender Applaus.

Eigentlich singe ich schon, so lange ich mich erinnern kann. Als Kind war ich in der „Sing – und Musikschule“, später Musisches Gymnasium, und dann Chor, eigentlich immer. Geige habe ich als Jugendliche eher widerwillig gelernt (auch wenn es mir inzwischen Spaß macht) – gesungen habe ich immer. Traditionell, klassisch. Anderes hat sich mir einfach nicht angeboten/erschlossen, aber ich fühle mich wohl mit dem, was ich singe.

Nach der Gymnasialzeit: Ein paar Jahre Münchner Bachchor, Hochschulchor, und dann, abgesehen von ein paar chorfreien Jahren, weiter: Kantorei, Coburger Bachchor…und vermutlich werde ich solange singen, wie es noch irgendwie geht.

Als Kind war Singen eine Art Therapie. Ich habe eigentlich immer vor mich hin gesungen, was mir gerade in den Sinn kam – irgendwie hat das wohl heilende Kräfte.

Manchmal wundere ich mich selber: Im Chor üben wir oft Monate lang für ein Konzert, das dann innerhalb von zwei Stunden vorbei ist. So viel Arbeit – für zwei Stunden! Eigentlich ist das irrational, es „lohnt“ sich ja gar nicht. Aber im Grunde ist ein Konzert nur so etwas wie der krönende Abschluss – der eigentlich Lohn der Chorarbeit besteht darin, Musik kennen zu lernen und so tief darin einzudringen, dass man das Stück danach in sich hat. Jedes Werk, das man über Monate erarbeitet hat, trägt man irgendwie in sich und kann es innerlich immer wieder abrufen (vielleicht nicht alle Details, aber doch Melodien, Klänge, Töne) – und das ist der eigentliche Schatz. Vorhin kam mir Frederick die Feldmaus in den Sinn, die den Sommer über Farben für den Winter sammelt. Ein bisschen ist Chorsänger sein wie Frederick sein, nur dass man keine Farben sammelt, sondern Klänge. Es kommt nicht so sehr auf das Konzert und den Applaus an, auch wenn das natürlich toll ist. Sondern auf den ganzen Prozess, sich etwas anzueignen. Und: An etwas beteiligt zu sein, das größer ist, als man selbst. Und auch: Das Gefühl mit Menschen verbunden zu sein, natürlich konkret mit denen, mit denen man singt. Aber auch mit vielen Generationen vor uns, die diese Werke schon gesungen haben und mit Menschen weltweit, die dieses Musik kennen und singen. Und das ist irgendwie ein tolles Gefühl.

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