Motivation – oder: Die große Selbstverarsche

Neulich postete die wunderbare Notaufnahmeschwester einen Beitrag über Motivation, den ich mit Amüsement und manchem verdutzten Lacher gelesen habe.

Zeit selbst etwas dazu beizusteuern. Motivation – für mein Leben ein heiß umkämpftes Kernthema! Zunächst die schlechte Nachricht: Motivation ist eine treulose Sau. Wankelmütig, unberechenbar, schwankend wie das Wetter. Und gleich die nächste schlechte Nachricht: Die meisten Motivationstricks sind die totale Selbstverarsche. Wer das durchschaut, hat es schwer, sich zu motivieren. Ich hatte es ungefähr mit zehn Jahren durchschaut.

Bei manchen mag das ja funktionieren: Wenn ich jetzt ganz brav bin und meine Wohnung aufräume/Steuererklärung mache/drei Kilo abnehme (und zwar hopp), dann darf ich danach ein Eis essen/heute Abend ins Kino/ mir ein Paar Schuhe kaufen.

Mal ernsthaft: Was bitte ist daran motivierend? Ich kann das alles nämlich, und zwar in der Regel ohne schlechtes Gewissen, auch ohne vorher meine Wohnung aufzuräumen/die Steuererklärung zu machen/drei Kilo abzunehmen. Selbstverarsche funktioniert bei mir leider nicht. Ich war schon immer ein schlaues Kind, dem der Zusammenhang zwischen Schokolade und Zimmer aufräumen einfach nicht eingeleuchtet hat. Was passiert denn, wenn ich das Eis esse, ohne vorher die Steuererklärung zu machen? Fault mir dann irgendetwas ab? Nein, das Eis mundet trotzdem hervorragend.

So ähnlich ist das bei den meisten Motivationstricks, die mir wohlmeinende Menschen schon mit auf den Weg gegeben haben.

„Denk an die armen Leute im Finanzamt, die müssen doch auch…“ – Ja, heult doch!

„Wie sich doch die Oma/Mama/… freut, wenn du….“ – Das Prinzip emotionaler Erpressung stieß bei mir schon mit zehn Jahren auf Abwehr.

„Und wie du dich dann freuen wirst wenn die Küche sauber ist!“ – Ich weiß, dass sie in zwei Tagen wieder genauso aussieht, also freu ich mich stattdessen lieber am Sonnenschein und mache einen Spaziergang.

Vielleicht hab ich einfach zu viel Kohelet in mir: Es ist alles eitel und ein Haschen nach Wind. Da merkte ich: Der Mensch hat keinen Gewinn von seinen Mühen, egal wie er sich anstrengt, letztlich isses eh für den Arsch! Also iss, trink, tu dich gütlich, pflege der Liebe… oder so ähnlich. Nachzulesen beim Prediger Salomo, auch genannt das Buch Kohelet, im Alten Testament.

Im Grunde gibt es nur ganz wenige Dinge, die mich wirklich motivieren, eine unangenehme Aufgabe endlich zu erledigen:

  1. Eine gnadenlose Deadline (das ist keine echte Motivation, aber manchmal doch hilfreich)
  2. Drohende Insolvenz (auch das ist keine echte Motivation)
  3. Und last not least das einzige wirklich Positive: Die Einsicht, dass ich mit dem was ich tue, einen ganz entscheidenden Beitrag im Leben anderer leisten und darin ein Stück meiner inneren Berufung erfüllen kann.

Ich bin nur dann motiviert unangenehme Dinge zu tun, wenn mir bewusst ist, dass und inwiefern es einen Sinn für eine wirklich wichtige Sache in sich trägt. Mit wichtig meine ich: Bedeutsam, Sinn stiftend. Oder Freude erzeugend. Ich räume z.B. sehr gerne auf, wenn ich weiß, dass ein Mensch, den ich mag, am Nachmittag zu Besuch kommt.

Und dann ist da noch das, was ich den Kairos nenne. Auf einmal merke und weiß ich genau, was zu tun ist, und dann tue ich es auch, und nichts und niemand hält mich davon ab, auch wenn es bis spät in die Nacht dauert.

Pflichtbewusstsein? Belohnungssystem? Vergiss es. Die einzige echte Motivationsquelle ist ein tieferer Sinn in dem was man macht lautet:  Echte Ziele. Etwas, wofür es sich zu leben lohnt. Da bring ich dann auch gern den Müll raus und putze das Klo.

2 Kommentare zu „Motivation – oder: Die große Selbstverarsche

  1. Bei mir wirken nur echte Deadlines. Ich kann mich selbst auch nicht mit irgendwas belohnen, das funktioniert einfach nicht. Hab’s schon probiert. Was mir hilft ist mir immer und immer wieder zu begründen WARUM ich etwas will, zum Beispiel wenn es um meine Gesundheit geht.

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