Pfarrerin vs. Freie Theologin

Auf Twitter meinten gestern zwei (ehemalige) Kolleginnen (im Pfarramt): Wie wäre es wohl als Freiberuflerin zu arbeiten?

Ich tue es jetzt genau genommen seit sieben Monaten. Meine Dienste als freie Theologin anbieten. Zeit für ein kleines Resümmee.

Freie Theologin und Pfarrerin – was ist ähnlich, wo knüpfe ich an?

Was ist anders?

Natürlich kann man nach 12 Jahren im Pfarramt keinen Schalter im Kopf umlegen und wirklich „völlig neu anfangen“, auch nicht, wenn man freie Theologin wird. Was ich tue, tue ich immer mit den Erfahrungen aus dem Pfarramt im Hinterkopf. Ich reflektiere theologisch. Beim Entwickeln von Ritualen und Reden überlege ich mitunter sehr genau, ob ich das so als Pfarrerin wohl auch gesagt hätte. Und warum ich es so nicht mehr sagen kann, oder warum doch. Gerade im Bereich freier Trauungen, „Taufen“ und Beerdigungen profitiere ich natürlich ungemein von der bisherigen Berufserfahrung. Vieles ist einfach auch sehr ähnlich. Vor allem, was die Wünsche der Menschen nach einem für sie stimmigen Ritual an Lebensübergängen betrifft. Trotzdem kommen die, die zu mir kommen, aus irgendeinem Grund zu mir und nicht zu „ihrem“ Pfarrer. Manche sind nicht mehr in der Kirche. Andere sind in der Kirche, wünschen sich aber z.B. eine Feier außerhalb kirchlicher Räume. Es ist immer sehr behutsam zu erfragen, wie viel Glaube oder Religion bei der Feier sein darf und was lieber nicht. Das ist schon ein großer Unterschied zu den entsprechenden kirchlichen Feiern. Da habe ich oft die Formulierungen aus den Agenden benutzt, und diese tragen natürlich auch und geben eine gewisse Sicherheit (zumindest für mich als „Ausführende“).

Eine Sache allerdings ist ganz anders: Als freie Theologin bin ich in erster Linie Dienstleisterin. Ich weiß es, die „Kunden“ wissen es und alle sind sich einig. Wenn ich eine Trauung, Beerdigung, Kindersegnung als freie Theologin anbiete, dann treffe ich mich vorher ein oder zwei Mal mit den Menschen. Ich bringe meine Professionalität, mein Wissen und meine Erfahrung ein und bereite eine schöne Feier vor. Danach stelle ich eine Rechnung. Die Leute überweisen. Und wenn es keine weitergehenden Vereinbarungen gibt, geht danach jeder wieder seiner Wege. Was ich während meiner Freizeit tue, ist den „Kunden“ egal.

Als Pfarrerin lebt man ein Stück weit (und mitunter ein großes Stück weit) in und mit der Gemeinde. Man trifft sich nicht nur in der Kirche oder im Gemeindezentrum, sondern eben auch auf der Straße. Man führt sozusagen inoffizielle und doch wichtige Beziehungen, wobei die gegenseitigen Erwartungen z.T. nicht so ganz klar sind. Das kann schön sein, es kann aber auch überfordern.

Als freie Theologin frage ich mich mitunter nach einer Trauerfeier, wie es nun wohl für die Angehörigen weitergeht. Natürlich würde ich sie auch auf der Straße ansprechen, wenn ich sie zufällig treffe. Aber zum einen treffe ich sie nur selten zufällig, weil sie ganz woanders wohnen. Und zum anderen bin ich mir mit ihnen eben über genau diese eine Feier einig geworden. Danach frage ich, ob alles so gepasst hat. Überreiche noch mal meine Karte („falls noch was wäre, rufen Sie gerne an!“) und empfehle mich.

Es gibt keine Überschneidungen zwischen privaten und geschäftlichen Beziehungen, auch wenn ich Trauungen, Beerdigungen etc. mit Herzblut und echtem Interesse gestalte. Ich persönlich erlebe das meist als ungemein entlastend. Und manchmal als etwas unbefriedigend. Im Großen und Ganzen liegt es mir persönlich aber mehr, als die Arbeit im Pfarramt. Weil ich das tun kann, was ich wirklich kann und worin ich gut bin. Ohne diffuse Ansprüche von Außen und Innen. Insgesamt bin ich damit sehr zufrieden. Meine Bedürfnisse nach Spiritualität und „Gemeinde“ lebe ich anders, eben als normales Gemeindemitglied. Wenn ich einen Bibelkreis o.ä. anbiete, tue ich das ehrenamtlich und gerne. Auch damit geht es mir, im Moment zumindest, gut.

Ich denke, ich kann diesen Weg nicht pauschal irgendjemandem empfehlen, weil die Menschen eben sehr unterschiedlich sind, auch Theologen-/Pfarrerpersönlichkeiten. Für viele wäre diese Art der Arbeit wohl einfach zu unverbindlich.

Im Großen und Ganzen kann ich sagen: Ich komme damit besser klar, als mit dem Pfarrerberuf und seinem sehr breiten Anforderungsprofil. Ich habe auch wieder ein Privatleben. Mir tut es gut. Und zugleich sehe ich, nun von halb-außen, was sich an den „Rändern“ der Kirche tut, und da ich natürlich noch Christin und natürlich auch Teil der Kirche bin, schmerzt es mich manchmal auch ein wenig.

Auf der Minus-Seite steht die unumstößliche Tatsache, dass ich als freie Theologin weniger verdiene und nicht abgesichert bin. Das ist so und man kann es nicht schönreden.

 

Ein Kommentar zu „Pfarrerin vs. Freie Theologin

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