Der unbequeme Advent

Advent heißt Glühwein, Plätzchen, Gemütlichkeit und etwas Besinnung auf „Werte“. Jedenfalls könnte man das meinen.

Advent bedeutet aber Ankunft. Ankunft Jesu in unserer Welt und in unserem Leben. Diese Ankunft hat zwei Seiten. Zum einen die Erinnerung an ein Geschehen vor über 2000 Jahren. Gott wird Mensch. Jesus kommt zu uns.

Zum anderen aber auch die Erwartung der „2. Ankunft“, der Wiederkunft. Wer im Advent den Gottesdienst besucht, wobei es egal ist, ob evangelisch oder katholisch, wird, zumindest, wenn der Pfarrer sich an die jeweiligen Leseordnungen der biblischen Texte seiner Konfession hält, mit Worten konfrontiert, die gar nicht so adventlich gemütlich sind. Zum Beispiel mit den so genannten Endzeitreden Jesu. Ihnen entstammt auch der Wochenspruch für den 2. Sonntag im Advent:

„Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ (Lukas 21,28)

So aus dem Zusammenhang gerissen ein schöner, geradezu erbaulicher Vers. Wenn der Vorlauf nicht wäre. Sinngemäß etwa: Ihr werdet von Kriegen hören, euch wird Angst und Bange sein, die Kräfte der Natur geraten aus dem Gleichgewicht, das Meer erbebt, selbst der Lauf der Gestirne gerät aus den Fugen, ihr werdet verfolgt und verleumdet werden, sie werden euch jagen und töten….

„Wenn ihr das alles geschehen seht, dann seht auf und erhebt eure Häupter…“

Wieder mal stellen sich die biblischen Texte so komplett quer zu dem, was wir gern hätten. Etwas Nostalgie, Weihnachtsmarkt, Beschaulichkeit.

Und zugleich meint man, dass Jesus bereits die Probleme unserer Zeit erahnt und unsere Weltlage gekannt hätte. Kriege, Naturkatastrophen, Christenverfolgungen, den Menschen wird Angst und Bange. Aber es ist nicht das Ende. Sondern wenn ihr das geschehen seht, dann: „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ Wiederkunft. Reich Gottes. Vollendung der Welt.

Die meisten Kollegen werden jetzt anführen, dass es schlechte Zeiten ja schon immer gab und dass Jesus, oder Lukas, der Evangelist, einfach das beschreiben, was sie selbst ja auch schon kannten. Auch zur Zeit Jesu gab es Kriege und Naturkatastrophen, bald darauf Christenverfolgungen, also viel Grund, auf Erlösung zu hoffen.

Mag sein. Mag sein dass das alles nicht neu ist. Und trotzdem. Es ist tröstlich zu glauben und zu hoffen entgegen allem Weltuntergangsdebakel, entgegen aller Furcht und Unsicherheit: Jesus kommt genau in diese Welt hinein!

Damals ein kleines Kind in einem Stall. Irgendwann hoffentlich als Christus der Wiederkunft. Und bis dahin als einer, der unerkannt bleibt, aber überall dort wirkt, wo sich das Reich Gottes schon im Kleinen verwirklicht.

Warten auf die Ankunft Jesu ist weder reine Erinnerung an etwas längst Vergangenes noch Vertröstung auf eine ferne Zukunft, sondern die Hoffnung, dass ER hier und jetzt bei uns ankommen kann und will. Ein altes Kirchenlied spricht von einem „ewigen Advent“. Die vier Wochen vor Weihnachten sind eine gute Gelegenheit der echten inneren Besinnung und der inneren Ausrichtung auf Gott. Aber eigentlich sollten Christen immer „adventliche“ Menschen sein, also Menschen, die damit rechnen, dass ER, Gott, Jesus, jederzeit und überall wirken kann und dass er auch uns dazu gebraucht.

In diesem Sinne allen einen gesegneten 2. Advent in freudiger Erwartung trotz banger Zeiten.

Ein Kommentar zu „Der unbequeme Advent

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