Briefe

Und dann ging es plötzlich Schlag auf Schlag. Eines Tages spürte ich: Ich muss unserer Regionalbischöfin schreiben. Die, die über dem Dekan meine nächsthöhere Dienstvorgesetzte war. Und bei der ich all die Jahre lang das begründete oder unbegründete Gefühl hatte, dass sie mich zum einen ziemlich im Regen stehen lassen hat und zum anderen sowieso schon ihre festgefügte Meinung über mich hatte, vermittelt durch „Stimmen aus der Gemeinde“ der einen oder anderen Art.

Der Dekan, der eigentlich mit mir hätte reden sollen, das aber nicht konnte, weil er selber mit seinen dunklen Wolken zu tun hatte, war inzwischen im Ruhestand. Vermutlich wäre auch mit ihm ein klärendes Gespräch von Vorteil gewesen und ich würde es später noch führen.

Nun aber schrieb ich meiner Bischöfin. Schrieb, dass mich manches kirchenleitende Verhalten ziemlich verletzt hat. Dass mir durchaus bewusst ist, dass auch ich Fehler gemacht habe damals. Dass ich mir aber, im Nachhinein betrachtet, doch sehr gewünscht hätte, jemand wäre einmal mit wirklich seelsorgerlicher und geschwisterlicher Absicht auf mich zugekommen in diesen Jahren meiner Seelenfinsternis. Dass mir vieles klar geworden ist. Ich um Verzeihung bitte. Und was ich in den vergangenen Jahren erlebt und durchgemacht habe: Ich hatte Krebs, bin Mutter geworden und würde diesen Sommer noch heiraten. Als Pfarrerin in einem viel zu großen Pfarrhaus und eingebunden in ein Amt, das kaum Privatleben zulässt, hätte ich so spät wohl kaum noch jemanden kennengelernt, der bereit gewesen wäre, mein Leben zu teilen. Und dass ich es letztlich so erlebe: Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade. Das einzige, was mir wirklich fehlt, sei die Verkündigung des Wortes Gottes.

Fast postwendend kam ihre Antwort. Auch sie bäte um Verzeihung, im Namen der Kirchenleitung, sie dankte mir für meinen Brief und soweit es an ihr läge, könne sie sich gut vorstellen, dass mir die Rechte aus der Ordination wieder beigelegt werden. Wenn ich das möchte, würde sie mich zu einem Gespräch einladen.

Und so taten sich auf einmal zwei Türen für mich auf: Katholisch werden und als Laientheologin in der römisch-katholischen Kirche wirken. Oder wieder zurück in den Schoß der evangelischen Kirche und hoffen, wieder Pfarrerin sein zu können.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s