Was machst du da eigentlich?

Am 14. März 2019 hielt ich, zum ersten Mal seit etwa anderthalb Jahren, eine „freie“ Beerdigung – für mich war das ein sehr wichtiger Termin. Ich hatte endlich wieder einen Auftrag annehmen können. Das war lange nicht möglich gewesen. Zu ungewiss meine gesundheitliche Situation, zu anstrengend die erste Zeit als Mutter eines doch eher Mama-fixierten Babys.

Es war, trotz des traurigen Anlasses, ein wunderbares Gefühl. Endlich wieder ein Trauergespräch führen, endlich wieder eine Ansprache schreiben können, mich endlich wieder vor Menschen stellen, und tun was ich kann, nämlich …. predigen.

Und genau da lag der Hase im Pfeffer. Der Verstorbene war nämlich evangelisch gewesen. Natürlich mit einem sehr distanzierten Verhältnis zur Kirche, sonst wären die Angehörigen sicher nicht zu mir gekommen. Aber es war eine der Beerdigungen, bei denen es auch den Angehörigen wichtig war, dass ein Vaterunser gebetet wird und niemand etwas dagegen hatte, Psalm 23 oder andere tröstliche Bibelworte zu hören.

Und wieder einmal merkte ich, dass ich einfach in meinem Element bin.

Und Traurigkeit und Wut kamen hoch bei mir. Warum musste es so laufen, wie es gelaufen war? Warum war mir nicht vergönnt, was viele andere Theologen und Theologinnen offenbar haben, nämlich ein halbwegs entspanntes Verhältnis zu ihren Gemeinden, ihrer Kirchenleitung, ihrem Beruf? Lag es an mir? Bin ich einfach nicht teamfähig, nicht sozial kompetent genug? Lag es an den Strukturen? Lag es daran, dass ich, teils unverschuldet, teils aus eigenem Antrieb immer die falsche Frau am falschen Ort zur falschen Zeit war?

Es war der 14. März – das Datum meiner Ordination. Seit dem Tag meines Ausscheidens aus dem Pfarrberuf fühlte sich dieses Datum für mich immer an, wie der Hochzeitstag einer geschiedenen Ehe. Am 14. März 2004 war ich ordiniert worden. Zur „Pfarrerin auf Lebenszeit“. Ich hatte etwas versprochen und ich hatte es ernst gemeint und ich hatte mich von meinem Versprechen abbringen lassen. Nun wurde mir klar: Ich kann nicht mit der Kirche leben, und ich kann nicht ohne sie leben.

Ich überlegte hin und her. Will ich denn zurück ins Pfarramt?

Klar war, ich will, eigentlich, wieder predigen, und zwar mit einem Auftrag. Ja, auch als freie Theologin kann ich segensreich wirken und bekam auch häufig die Rückmeldung, dass ich das tue. Aber es ist ein irgendwie einsames Gefühl. Ach im Pfarramt habe ich mich sehr häufig einsam gefühlt. Der Unterschied war, dass ich mich trotz allem immer einem breiten Strom der Tradition verbunden gefühlt habe. Wo ich stehe, standen vor mir andere und werden nach mir andere stehen. Es ist dieses Gefühl, Teil einer größeren Geschichte zu sein. Auch wenn ich sehr häufig meine Probleme mit Kirche als Institution hatte und habe.

Will ich es noch einmal probieren? Ich wusste es einfach nicht, aber etwas war in mir in Bewegung geraten.

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