In letzter Zeit hatte ich zwei Anfragen für freie Trauungen, die etwas „anders“ sind, als es freie Trauungen ohnehin schon sind. Und zwar deshalb, weil Braut und Bräutigam aus zwei unterschiedlichen Kulturkreisen und Religionen stammen. Bei dem einen Paar ist „er“ Muslim und sie evangelische Christin, aber beide nicht oder wenig praktizierend. Bei dem anderen Paar ist es umgekehrt, „sie“ ist Muslima und „er“ ist evangelischer Christ.
Hochzeiten wie diese haben besondere Herausforderungen, aber auch einen besonderen Reiz. Wenn es gut geht, dann demonstriert so ein Brautpaar im Kleinen, was eigentlich auf der ganzen Welt im interkulturellen Miteinander selbstverständlich sein sollte: Dass Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion sich einander mit Respekt und Liebe begegnen können, voneinander lernen, einander wertschätzen, das Gemeinsame stärken. Auch für die Familien der Braut und des Bräutigams kann es eine großer Erweiterung des eigenen Horizontes bedeuten zu erleben, wie der eigene Familienkreis um eine zunächst unbekannte Kultur erweitert und bereichert wird.
Für die Zeremonie selbst ist viel Fingerspitzengefühl gefragt, jeweils die Elemente aufzunehmen, die in der jeweiligen Kultur wichtig sind. Oder, wie es sich eins der Paare wünscht, eben aus Gründen der Gleichberechtigung in der Trauzeremonie bewusst auf religiöse Texte, Gebete, etc, zu verzichten und stattdessen die Liebesgeschichte des Paares und die Würdigung der jeweiligen Familien in den Mittelpunkt zu stellen.
Falls beide einverstanden wären und es keinen Unfrieden in den Familien stiftet, wäre es aber genauso denkbar, wichtige Texte der jeweiligen Religion (z.B. Vaterunser oder 1. Sure) in die Zeremonie einzubinden. Wichtig ist, dass möglichst niemand das Gefühl hat, „zwangsweise“ für irgendetwas vereinnahmt zu werden.
Ich freue mich jedenfalls, dass ich außer kirchlich geprägten und völlig säkularen Brautpaaren nun auch zwei Paare begleiten darf, die aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen stammen. Letztlich sind sich wohl alle Religionen darin einig, dass die Liebe von Gott kommt. Schön, wenn zwei junge Menschen über die kulturellen Grenzen zueinander finden und einander versprechen, ihren Lebensweg gemeinsam zu gehen.