Erinnerungen einer Osterkerze

Seit zwei Jahren brenne ich, verströme Licht und Wärme und erinnere alle im Haus an Jesus, den Auferstandenen. Vom Kreuz aus rotem Wachs ist nicht mehr viel übrig. Aber das das Alpha und das Omega sind noch gut zu lesen: Jesus Christus, der Anfang und das Ende, er war immer da und wird es noch sein, wenn alles andere nicht mehr ist.

Meine Gestalterin Christiane zündet mich an wenn sie betet, meditiert, wenn es mal schwierig ist, oder wenn es was zum Erinnern gibt: Die Tauftage der Familie, Geburtstage, Namenstag, Todestage. Und manchmal brannte ich auch für einen Menschen in der Ferne, einen der Licht nötig hatte.

Wie sich das für eine Osterkerze gehört erstrahlte ich zum ersten Mal in der Osternacht. Vor zwei Jahren. Christiane war daheim beim Kind, das natürlich schlief, und guckte einen Osternachtgottesdienst im Fernsehen. Neben mir lag das Feuerzeug bereit. Und dann: „Lumen Christi! Deo gratis!“

Ich glaube, sie haben mich gemocht mit meinem schlichten rot goldenen Design. Letztes Jahr kauften sie am Palmsonntag in der Kirche eine edle neue Kerze mit glänzendem Goldbesatz. Die sollte mich ersetzen. Gebrannt hat sie aber nur zweimal. Während ich mich verzehrt habe, stand sie schön und nichtssagend  im Vitrinenschrank und ließ sich bewundern und da steht sie heute noch. Ja, es ist leicht, gut auszusehen wenn man nicht brennt. Aber sinnerfüllt ist so ein Leben doch nicht. Ich wollte leuchten und brennen, auch wenn ich dabei immer kleiner wurde. Es war meine Bestimmung.

Nun gebe ich gern die Staffel weiter, wenn es in der Osternacht wieder heißt: „Lumen Christi! Deo gratis!“ Bis dahin erhelle ich noch die dunkle Karwoche, verstrahle mein letztes Licht.

Es ist gut so. Mein Leben war schön, hell und voller Bedeutung.

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