„Oh je, wir brauchen ja noch einen Pfarrer!“

Als Pfarrerin habe ich es oft erlebt. Das sehr sympathische junge Paar betritt schwungvoll das Pfarramt. „Wir heiraten am 3.5. und zwar in der xy Kirche in z. Das wollten wir mal vormerken lassen!“

„Wie vormerken?“

„Ja dass Sie das wissen und sich vorbereiten können.“

Terminkalender. Blätterblätter.

„Tut mir leid, das geht nicht. Am 3. 5. haben wir Gemeindeausflug. Da bin ich gar nicht da!“

„Wie, da sind Sie nicht da?!?“

 

Es ist ja wirklich traurig. Der schönste Tag im Leben. Alles ist schon geplant, vom Blumenschmuck der Hochzeitskapelle über die Saalreservierung im Gasthof zum Goldenen Kalb bis hin zur Versendung der 387 von der Braut in Schönschrift gestalteten Einladungskarten. Ja sogar die Sitzordnung steht schon. (Kalauer.)

Was dann folgt, stelle ich  mir ungefähr so vor.

Braut: „….und wenn der Pfarrer dann sagt, Sie dürfen die Braut jetzt küssen, dann lässt der Egon hinten hin der Kirche die Tauben frei und dann…“

Bräutigam: „Ups! Pfarrer! Dem müssen wir auch noch Bescheid sagen!“

Und dann ist der Pfarrer weiblich und hat da keine Zeit. Und es hebt an ein fröhliches Telefonieren und irgendjemand macht es dann halt. Wenn der Irgendjemand irgendein eigentlich nicht zuständiger Pfarrer ist, dann macht er das eher mit wenig Begeisterung. Pfarrer kriegen nämlich nichts für Überstunden. Und eigentlich hat er an dem Tag frei.

Ich dachte ja, diese Zeiten sind für mich vorbei. Doch ach, welch Elend! Egal ob kirchliche oder freie Trauung, irgendwie scheinen Brautpaare immer oder sehr oft zuletzt daran zu denken, dass sie ja, ob frei oder kirchlich, oder womöglich gar freikirchlich, jemanden brauchen, der die Zeremonie, wie immer sie aussehen mag, abhält. Möglichst jemanden der das schön und professionell macht, und irgendwie herzerwärmend und rührend. (Also jemanden wie mich.)

Und wenn man dann, egal ob als kirchlich bestallte Pfarrerin oder als freie Theologin, an dem Tag schon was hat, dann ist das irgendwie halt doof. Weil man kann sich ja nicht längs teilen und es ist immer sehr schade, wenn man einen Auftrag ablehnen muss. Denn erstens macht man das ja total gerne, mit Paaren ihre Trauung vorbereiten. Und zweitens muss man ja auch von irgendwas leben, und da sind zwei Trauungen, die terminlich klappen, immer besser als nur eine und eine abgelehnte.

Daher, Protipp für alle Brautpaare: Wenn ihr nicht wollt, dass Tante Frieda (die Tante eures Trauzeugen) auf eurer Hochzeit die Ansprache hält (nichts gegen Tante Frieda, das ist eine nette Frau), dann erwägt doch bitte ein kleines bisschen früher, wer das für euch tun soll. Am besten bevor ihr die Location bucht und die Musik engagiert. Weil dann klappt es auch sicher besser mit dem Termin. Und alle sind zufrieden und es muss kein Ersatz von irgendwo einfliegen, der womöglich noch horrende Fahrtkosten berechnet.

Es danken euch dafür alle, die beruflich mit eurer Trauung beschäftigt sind. Weil wir machen das ja wirklich gerne, sonst hätten wir diesen Beruf nicht ergriffen.

2 Kommentare zu „„Oh je, wir brauchen ja noch einen Pfarrer!“

  1. Da erinnere ich mich an eine Diamantene Trauung, wo die komplett vergessen hatten mir Bescheid zu sagen. Ich erfuhr es, als der Chor anrief, der da singen sollte. Und natürlich am 3.10. dem einzigen Feiertag, wo wir frei haben (außer dem 1. Mai). Und ich war weg, verplant. Und der Countdown stand auf 14 Tage. Alter Schwede! Dank der Kollegialität in unserer Region haben wir das hingekriegt. Musste mir trotzdem anhören, dass ich ja offenbar nicht gewollt hätte. Ja nee, is klar.
    Also deiner Bitte schließe ich mich vollumfänglich an. Es ist leider wirklich so: Für euch Brautpaar ist es (hoffentlich) das EINE Mal im Leben, für uns ist es ein Termin unter vielen. Das lässt sich nicht ändern, aber rechtzeitige Absprachen verhindern Missverständnisse und Verstimmungen.
    Danke.
    Heidelbaer

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  2. Kommt mir doch irgendwie bekannt vor. Fast jedesmal heisst es am Telefon: „Wir haben für den soundsovielten die Kirche reserviert – und jetzt suchen wir noch einen Pfarrer.“ Warum sagt niemand: „Wir möchten gerne von IHNEN getraut werden. Wann habe Sie Zeit?“

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